Mein Sendling:

Ankunft in Sendling

 

Juli 1958

Mit einem alten Pritschenwagen, der sonst Kohlen und Briketts transportierte sind wir in Sendling angekommen. Die paar Bretter auf der Ladefläche waren unsere ganzen Möbel, nebst einigen Persil- und sonstigen Kartons die unsere restliche Habe beinhaltete. Ich durfte mit meinen 7 Jahren auf der Ladefläche sitzen bei der Fahrt von Vaterstetten in die große Stadt. Im Kohlenstaub!

Vorne saß der Fahrer, meine Mama und Oma!

 

Und so sind wir schließlich angekommem in Sendling, Heiterwangerstr. - Sozialbau!

 

Die Wohnung hatte eine magere Ausstattung, ja eigentlich gar keine. In der Küche ein Wamsler-Ofen zum Heizen und Kochen. Im Schlafzimmer ein kleiner Kanonenofen.

Und wir hatten fliessend Wasser! War für uns ein Luxus sondergleichen! Auf dem Bauernhof von dem wir kamen, mußten wir bei den Nachbarn ums Wasser betteln, da der hofeigene Brunnen verseucht war. Das absolute Highlight war aber eine richtige Toilette mit Wasserspülung! Auf dem Hof mußte man nach draussen gehen in ein Klohäuschen. Und das bei jedem Wetter! Die Alternative war nur der Nachttopf. Also auch nicht die tollste Lösung!

Eine Badewanne war nicht vorhanden, dafür im Keller ein großer Waschzuber, der erst mal mit Holz eingeheizt werden mußte. Anschließend wurde darin die Wäsche gewaschen. Im Restwasser durfte ich dann baden! Die gute Nachricht: Ich hab´s überlebt!

 

Sonst gabs in unserem neuen Heim nur einen Holzboden, der aber nicht isoliert war. Die Bretter lagen auf dem blanken Kies. Da die Wohnung erdgeschossig war, kroch die Kälte vom Keller in die Wohnung. In den 65 Jahren hat sich in der GWG-Bude diesbezüglich nicht viel verändert. Meine Mutter(92) wohnt nämlich hier immer noch!

 

Meine Mama, eine herzensgute und fleißige Frau schaffte es in nur wenigen Jahren mit viel Arbeit und geringen finanziellen Mitteln uns ein einfaches, aber gemütliches Heim zu errichten. Dafür bin ich Ihr heute noch dankbar.

 

Ein Vater war nicht vorhanden, ich war ein Kind der Liebe! Oder besser gesagt seiner Triebe. Als er von mir hörte wurde er sofort adlig. Ein von! Ja okay, eher ein auf und davon!

Ich war der Bankerte der keinen Vater hatte. Das konnte ich ständig spüren, vor allem in der Schule! Ein Kind 2. Klasse das selbst bei den Lehrern kein großes Ansehen hatte. Sagen zu müssen: „Ich habe keinen Vater“ war eine unglaubliche Erniedrigung für mein kleines Kinderherz! „Manfred, auf die letzte Bank, aus dir wird ja eh nichts!“ war noch harmlos. Vergangen, vergessen und vorbei! Ich hab´s überlebt!

 

2. Teil: Mein Wohnumfeld.

 

Sendling war damals noch Stadtrandgebiet. Damals gab es die Garmischerstr. in der Form noch nicht. Es gab nur die Murnauerstrasse die damals noch bis zur Hinterbärenbad/Pressburgerstr. ging. Danach gabs nur einen Kiesweg der bis zur Eichstätterstr. führte. Dazwischen waren die auch heute noch bestehenden Kleingartenvereine „Land in Sonne 1 und 2“ und der ehem. „Frimmerhof“. Die jetzige A96 samt Westpark bestand damals hauptsächlich aus Kartoffel-und Getreidefelder. Wo sich heute die Autobahn befindet, befand sich ein Kiesweg der sich zur Fürstenriederstrasse schlängelte. An diesem Weg befand sich noch ein Hasenzüchterverein und das ehemalige Quetschwerk. 1972 wurde dann hier die A96 gebaut, die bis Oberpfaffenhofen ging. In dem Zuge wurde dann die Murnauerstr. zur Garmischerstr. umbenannt und nun bis zur Heimeranstr, verlängert.

Der jetzige östliche Westpark bestand hauptsächlich aus Feldern, Kleingartenvereine und Schäferhundverein. Später kam dann noch ein Verkehrsübungsplatz für Fahranfänger dazu.

Selbst ein Stück Wald war noch vorhanden, in etwa bei der späteren ADAC-Hauptverwaltung.

Für uns Kinder war also reichlich Sport- und Spielfläche vorhanden.

 

So um 1970 baute dann die MünchenerRück in der Heiterwangerstr. Wohnblöcke, die im Olympiajahr 1972 fertiggestellt wurden. Und damals kaum zu vermieten waren. Man kann sich das heute gar nicht mehr vorstellen aber zu der Zeit gab es tatsächlich einen Wohnungsüberschuß in München. Miete für eine 3-Zimmer-Wohnung damals 560 DM. Und zwar incl. aller Nebenkosten samt Garage.

War trotzdem für diese Zeit ganz schön teuer. Was mich aber später nicht daran hinderte mit meiner Frau und Sohn 1975 dort einzuziehen.

 

 

3. Teil: Schulzeit

 

Meine Schulkarriere begann in Vaterstetten mit der 1. Klasse bis wir nach München umzogen.

Die 2. Klasse besuchte ich dann in München. Anfangs mußte ich als Schüler jeden Tag bei Wind und Wetter in die Plinganserschule gehen. Meist gingen wir zu mehreren und hatten dabei jede Menge Spass. Der Weg ging anfangs durch Feld und Flur, dann über die Hansastr. in die Pirkheimerstr. durch eine Bahnüberführung vorbei an der „Stemmerwies´n“ in die Meindlstr. An der Unterführung war zu der Zeit noch ein Kiosk wo wir uns immer mit Süßigkeiten versorgten. Mehr als wie 10-20 Pfennig konnten ich allerdings nicht ausgeben. Dafür verzichtete ich großzügig auf die sog. Schulspeisung, als Milch und Semmel. Daheim durfte das aber keiner wissen. Zu der Zeit bekam die Margarethenkirche eine neue Glocke. Die Folge war dass die halbe Klasse zu spät kam, weil wir uns das nicht entgehen lassen wollten.

1960 kam ich in die neu erbaute Hinterbärenbadschule, die jetzige Schule an der Fernpassstrasse.

Anfangs gab es noch getrennte Buben u. Mädchenklassen, die dann noch in katholisch und evangelisch aufgeteilt waren. Heutzutage unvorstellbar.

Gut in Erinnerung ist mir noch das damalige Offiziantenehepaar Jahn. Ein ehem. Deutsch-Schlesier der in der „HiBäBa“ sein Auskommen gefunden hatte. War für uns Schüler nicht leicht mit dem guten Mann, der war immer hinter uns her um uns beim Rektor zu verpetzen. Mich hat er besonders geliebt, mußte des öfteren beim Rektor, Herrn Baur, antreten. Gut war nur dass der den alten Jahn genauso wenig mochte wie wir Schüler. Als ich allerdings meiner Oma, die „Kiermeierin“ wie sie überall genannt wurde, von den Schikanen erzählte ist sie beim Herrn Offizianten eingelaufen. Das war für den guten Mann allerdings keine Sternstunde! Hat ihm erzählt was sie von Denunziantentum hält! Er soll lieber den Dreck vor der Schule kehren! Der gute Mann muß regelrecht geschockt gewesen sein.So hat sie es geschafft dass der Schulhaus´l uns in den Pausen in Ruhe ließ. Und ich glaube unser Rektor (samt Lehrerschaft) war ihr sogar noch dankbar dafür.

 

Die Erziehungsmethoden meiner Oma waren schon für die damalige Zeit recht fragwürdig. Als ich das 1. mal in die „HiBäBa“ mußte sagte sie doch glatt zum Lehrer: „Wenn er net pariert, hau´n sie eahm glei oane nei“. Dazu muß man aber auch sagen dass viele Lehrer tatsächlich handgreiflich gegenüber ihren Schülern waren. Da wurde an den Haaren gezogen, mit dem Lineal oder Rohrstock auf die Finger gehaut und ähnliches. Wir hatten einen Lehrer der immer den Tafelschwamm nass machte, durch den Kreidenstaub zog und dann treffsicher nach uns warf. Zuhause brauchte ich nichts davon sagen, da hätte meine Großmutter mir dann auch noch eine reing´haut. Meine Mama konnte mir auch nicht viel helfen, stand sie doch selber unter der Fuchtel von der Alten.